"Die Jugend" (Zeichnung von Arpad Schmidhammer, 1857-1921, für die Münchner Zeitschrift "Die Jugend")
"Die Jugend" (Zeichnung von Arpad Schmidhammer, 1857-1921, für die Münchner Zeitschrift "Die Jugend")

Sigmar Gabriel: "Ich meine, ein Jurist lebt davon, dass man zu einer rechtlichen Frage mindestens zwei Meinungen haben kann, sonst gäbe es keine Anwälte."

 

 

Am 28. November führt Marietta Slomka im "heute journal" ein Interview mit Sigmar Gabriel.

 

http://www.youtube.com/watch?v=7McAPOEa-kE

 

 

Einen Tag später, am 29. November, ist Sigmar Gabriel zu Gast bei "3nach9".

 

http://www.youtube.com/watch?v=FDeEgY0Ach0

 

Giovanni di Lorenzo sagt zu Gabriel: Frau Slomka "hat sich auf einen Staatsrechtler berufen, den es auch tatsächlich gibt, was Sie bestritten haben". Darauf Gabriel: "Was glauben Sie, wieviele verwirrte Staatsrechtler es gibt? Ich meine, ein Jurist lebt davon, dass man zu einer rechtlichen Frage mindestens zwei Meinungen haben kann, sonst gäbe es keine Anwälte."

 

(Sendeminute 13)

 

Zum Interview mit Frau Slomka sagt Herr Gabriel: "Aber es gibt natürlich manchmal Situationen, wo berechtigte oder unberechtigte Vorurteile, eine Situation: Müdigkeit, die Lust der anderen Seite, den Interviewpartner zu reizen, dann zum gewünschten Erfolg führt. Und das war gestern so."

 

(Sendeminute 17)

 

Der Eklat vor laufenden Kameras - ein von Frau Slomka "gewünschter Erfolg"?

 

 

 

 

Am 30. November schreibe ich den folgenden Brief an den ZDF-Intendanten Dr. Thomas Bellut.

 

 

 

Sehr geehrter Herr Intendant,

 

Medienberichten zufolge hat sich ein Politiker schriftlich bei Ihnen über Frau Slomka beschwert. Auch ein weiterer Politiker hat sich gestern kritisch über Frau Slomka geäußert. Von Herrn Gabriel wurde noch im Interview dieser Vorwurf gegen Frau Slomka erhoben: "Es ist nicht das erste Mal, dass Sie in Interviews mit Sozialdemokraten nichts anderes versuchen, als uns das Wort im Mund herumzudrehen."

 

 http://www.youtube.com/watch?v=0S93iOHA9Zs

 

Gestatten Sie mir, dass ich Frau Slomka in dieser Situation in Schutz nehme.

 

Als Frau Slomka am Anfang sagte, dass es gegen den Koalitionsvertrag „noch einigen Gegenwind“ bei der Basis gebe, antwortete Herr Gabriel: „Da müssen Sie nicht zugehört haben, wenn Sie diese Meinung haben“, „Das war eine richtig fröhliche Veranstaltung“ und „Ich finde, das ist eine tolle Stimmung in der SPD“. Diese Sicht von Herrn Gabriel scheint mir doch sehr subjektiv, und Frau Slomka tat gut daran, sich nach so einem Anfang nicht „einlullen“ zu lassen.

 

Mit den verfassungsrechtlichen Bedenken gegenüber dem Mitgliederentscheid konfrontiert, sagt Herr Gabriel: „Den Verfassungsrechtler, der sowas behauptet, den möchte ich gerne mal kennenlernen“ und „Ich kenne auch keinen Verfassungsrechtler, der sich dieser Debatte öffentlich stellt.“ Dabei hat der Bundestagspräsident und Politikwissenschaftler Norbert Lammert schon am 26. November, also zwei Tage vor dem Interview, der WAZ erklärt: Die Befragung „ist auch demokratietheoretisch gesehen nicht über jeden Zweifel erhaben.“

 

http://www.derwesten.de/politik/fuer-norbert-lammert-ist-die-spd-mitgliederbefragung-kein-zukunftsmodell-id8707256.html

 

Am Morgen des 28. November war auch das Handelsblatt-Interview mit dem Leipziger Verfassungsrechtler Christoph Degenhart erschienen, in dem er sagte, dass er die Befragung „verfassungsrechtlich für nicht legitim“ halte.

 

http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/bundestagswahl-2013/verfassungsrechtlich-nicht-legitim-staatsrechtler-stellt-spd-befragung-zum-koalitionsvertrag-infrage/9139738.html

 

Und am Mittag des 28. November berichtete das Handelsblatt, dass Professor Joachim Wieland die Mitgliederbefragung für „rechtlich unverbindlich“ ansehe. Auch Professor Christian Pestalozza stellen sich verfassungsrechtliche Fragen, wie das Handelsblatt im gleichen Artikel schreibt.

 

http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/bundestagswahl-2013/spd-votum-zum-koalitionsvertrag-mitgliederbefragung-ist-rechtlich-unverbindlich/9140514-2.html

 

Sogar im "heute journal" selbst, kurz vor dem Interview, war auch Professor Heinrich Oberreuter aus Passau mit seinen kritischen Anmerkungen zu Wort gekommen.

 

Wenn Herr Gabriel von dieser Diskussion, wie er zu erkennen gibt, nichts mitbekommen hat, dann ist das seine Sache. Er darf aber nicht zu Frau Slomka sagen: „Das stimmt nicht, was Sie sagen.“

 

Gegen das Mitgliedervotum werden ja verschiedene Bedenken geäußert: Erstens wird vorgebracht, wie Frau Slomka zu Anfang richtig erwähnte, dass ein verbindliches Mitgliedervotum das freie Mandat der SPD-Abgeordneten nach Artikel 38 des Grundgesetzes behindern könne. Dann wird noch vertreten, dass den SPD-Mitgliedern durch die Befragung mehr Bedeutung zukommt als dem Wahlvolk; auch auf diese Meinung weist Frau Slomka richtig hin.

 

Auf den SPD-Abstimmungskarten steht: „Verbindliches Mitgliedervotum“

 

http://www.bild.de/politik/inland/koalitionsvertrag/grosse-koalition-dieser-zettel-kann-noch-alles-kippen-33575742.bild.html

 

Nun sagt Herr Gabriel im Interview: Die SPD-Basis „schreibt dem SPD-Parteivorstand vor, ob er einen Koalitionsvertrag mit der Union eingehen soll oder nicht. Die Abgeordneten sind sowieso frei in ihrem Mandat.“ Aber bleiben die Abgeordneten wirklich frei in ihrem Mandat, wenn das Mitgliedervotum negativ ausgeht? Dürfen in diesem Fall die SPD-Abgeordneten, die natürlich selber auch SPD-Mitglieder sind, auch für Merkel stimmen? Das wäre ja nach den bisherigen Beteuerungen der SPD-Spitze ein sehr merkwürdiges Ergebnis.

 

Das Mitgliedervotum wirft schwierige Fragen auf, gerade als „Novum“, wie Frau Slomka betont. Frau Slomka hat sich „an dieser Stelle nicht zu lange aufgehalten“; sie hat sich selber nichts vorzuwerfen. Sie hat die auftauchenden Fragen konsequent gestellt. Dafür danke ich Frau Slomka. Ich verstehe weder Herrn Gabriels Vorwurf noch die Empörung und Kritik anderer Politiker. Herr Gabriel kann nicht Frau Slomka die Schuld daran geben, dass er sich selbst wie eine Axt im Wald benimmt. Es ist ungehörig, zu Frau Slomka zu sagen, es sei "nicht das erste Mal, dass Sie in Interviews mit Sozialdemokraten nichts anderes versuchen, als uns das Wort im Mund herumzudrehen." 

 

Ich bitte auch Sie, Frau Slomka gegen diese ungerechtfertigte Kritik zu verteidigen.

 

Dieser Brief ist auch auf meiner Website zu finden: www.mariejosenhans.net

 

Freundliche Grüße

 

Soonim Shin

Marie Josenhans Institut

(Marie Josenhans, 1855-1926, deutsche Sozialarbeiterin und Sozialpolitikerin)

 

Projekte für die Öffentlichkeit. 

 

 

 

 

Soonim SHIN

 

Magistra Artium (M. A.)

 

Staatlich anerkannte

Diplom-Sozialarbeiterin (FH)

 

 

Kaiser-Karl-Ring 6

D-55118 Mainz 

 

Robertgasse 1

A-1020 Wien

 

 

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Soonim Shin